Eigentlich ist die Frage nach dem korrekten Genus des Wortes „Blog“ ja sowas von ausgelutscht. Ich habe mich bereits vor etwa vier Jahren in diesem Blog damit beschäftigt. Neue Erkenntnisse darüber habe ich seither (fast) nicht gewonnen. Heute morgen wurde ich jedoch durch einen kurzen Disput via Twitter wieder auf die Fragestellung aufmerksam. Daher will ich sie hier noch einmal aufgreifen und aus einer etwas geänderten Perspektive beleuchten.

Doch zunächst zum Anlass. Heute morgen fand folgender Wortwechsel zwischen Mike Schnoor (bei Twitter: @MikeSchnoor – früher hieß sein Blog „Telagon Sichelputzer“) und mir statt:

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Amüsant fand ich dabei den Widerspruch, dass Mike Schnoor beim Wort „retweeten“ zwar darauf verweist, was „sich eingedeutscht“ hat, dann aber behauptet, es hieße „das“ und nicht „der“ Blog. Und gerade in letzterem Fall ist dann doch ziemlich eindeutig, dass sich in den letzten Jahren das männliche Genus „eindeutscht“. Mike Schnoors Verweis auf das (sehr wahrscheinlich fälschlicherweise) W. Churchill zugeschriebene Zitat, dessen Herkunft ich auch bereits hier im Blog beleuchtet habe, war für mich Aufforderung genug, einmal mehr eine Statisktik zu fälschen.

Wir erinnern uns: Am Vormittag des 23. Juli 2007 habe ich dieses Experiment schon einmal durchgeführt. Ich habe sowohl „der Blog“ als auch „das Blog“ bei Google eingegeben. Damals war das Ergebnis 11.088 für “der Blog” zu 9.602 für „das Blog“. Heute, um 21:15h habe ich das gleiche Experiment noch einmal durchgeführt:

Der Blog vs. das Blog bei Google

Das spricht eine noch eindeutigere Sprache also noch vor vier Jahren: 4.110.000 Ergebnisse für “der Blog” gegenüber nur 1.820.000 für „das Blog“.

So, lieber Herr Schnoor, ich habe meine Statistik „gefälscht“, ich warte auf die „Gegenfälschung“!

Wobei in diesem Zusammenhang von einer Fälschung zu sprechen, gar nicht so abwegig ist. Der Vortrag von Eli Pariser (Beware online „filter bubbles“), auf den ich kürzlich hingewiesen habe, zeigt sehr eindrucksvoll, dass in diesem Fall Google die Fälscherarbeit übernimmt. „There is no standard Google anymore!“ Das erklärt vielleicht auch, warum Sandra Schwarz beim gleichen Experiment, wie ich es durchgeführt habe, im März dieses Jahres zu einem völlig anderen Ergebnis kam.

Untermauert wird meine Analyse bei Google u. a. auch durch eine Umfrage auf dem Meinungs-Blog: Hier stand es heute um 22:43h 45 zu 34 zugunsten des männlichen Genus‘.

Bei meiner Recherche zu diesem Artikel bin ich auf zwei interessante Fakten gestoßen. Bei fast allen Analysen zu dem Thema kommen die Analysten zu dem Ergebnis, dass es a) nur eine richtige Version geben könne, und dass diese b) das sächliche Genus sei. Zudem ist der Ton der Argumentierenden dabei oft sehr überheblich. Einen entsprechenden Tweet von Mario Sixtus habe ich ja bereits zitiert, ein weiterer, der in die gleiche Kerbe haut, wird bei Twitkrit in einem Artikel zitiert, der in seiner Überheblichkeit, was die Ausschließlichkeit der „richtigen“ Form betrifft, kaum zu überbieten ist. Weitere Beispiele dieser Art ließen sich noch zahlreiche anführen.

Bei meiner heutigen Recherche bin ich auf einen sehr interessanten Beitrag auf Belles Lettres – Deutsch für Dichter und Denker gestoßen. Hier wird in einem 45-minütigen Video erklärt, warum es auch mit den Regeln der Morphologie nicht so einfach ist, einem Wort, das aus einer Sprache ohne grammatikalische Genera stammt, ein eindeutiges Genus im Deutschen zuzuweisen. Diesen Beitrag hätte sich vielleicht Fred Thiele ansehen sollen, bevor er die „Morphologischen Faktoren für die Genuszuweisung“ aus dem Duden Bd. 4 nicht ganz korrekt anwendet.

Mir sind Leute suspekt, die auf Biegen und Brechen eine Auswahl auf nur eine richtige Variante verengen wollen. Ich führe in diesem Zusammenhang gerne William Shakespeare als Beispiel an. Hätte er sich nach den Überzeugungen eines Mario Sixtus oder anderer armseliger Philister („selbst ernannte Wortwarte“ werden sie im Dr. Web Magazin genannt) gebärdet, wäre die englische Sprache um viele Wörter ärmer. Höchstwahrscheinlich wäre das Wort Blog auch nie entstanden, denn ein solcher Neologismus ist ja nach den Statuten der Damen und Herren Philster verboten!

Ich kann allen, die da meinen die Weisheit gepachtet zu haben, nur raten gelegentlich zu überprüfen, ob der Pachtvertrag, auf den sie sich berufen, nicht schon seit geraumer Zeit abgelaufen ist!